Geschafft!!!

MRGler beim AllYouCanRow – 13 Stunden im Boot

All you can row – oder was geht zwischen Sonnenauf- und -untergang

Jedes Jahr treffen sich am Wochenende mit dem längsten Tageslicht Ruderer aus ganz Deutschland in Karlsruhe, um mit Sonnenaufgang (in diesem Jahr 5.18 Uhr) ins Boot zu steigen und bis Sonnenuntergang (21.41 Uhr) so weit wie möglich den Rhein abwärts zu rudern. Die einzige Vorgabe ist, am linken Rheinufer an Land zu gehen. Dieses Mal erstmalig mit MRG-Beteiligung, Sabine, Dave und Jürgen waren dabei, als über 100 Ruderer in ca. 30 Einern, Zweiern, Dreiern und Vierer starteten.

Jürgen Werner, der mit einer Mannschaft aus Heilbronn das Boot teilte, simste später: „Fühlte sich bei dem Wind, den wir am Nachmittag hatten, schon gut an, am MRG-Bootssteg anzukommen. Wir haben bei Sonnenaufgang Punkt 5:20 Uhr unseren ersten Schlag getan und haben um 18:07 angelegt. War eine interessante Erfahrung und hat auch wieder gezeigt, dass wir mit unserem Training recht gut dabei sind.“

Dave und Sabine sind in einem gesteuerten Dreier mit zwei Karlsruher Ruderern gefahren. Sabines Reportage beginnt nach drei Absätzen.

Unbestätigte Meldungen zufolge hat es ein Boot sogar bis Neuwied geschafft, GPS-getrackt konnte ein Vierer bis St. Goar verfolgt werden. Dieses GPS-Tracking per RaceMap konnte im Bootshaus auf Großleinwand verfolgt werden, so dass die Fangemeinde jederzeit Anteil nehmen konnte. Die übrigen Boote landeten in Worms, Mainz, Bingen und Bacharach, wurden dort von den Organisatoren der Veranstaltung eingesammelt und zum Bootshaus der MRG gebracht.

Dort hatte Sebastian zwischenzeitlich aus über 30 Kilo Zutaten ein köstliches Chilli zubereitet, das von den hungrigen Ruderern dankend angenommen wurde. Dass für die, die zum Schluss kamen, nur noch die vegetarische Variante übrig war, hat keiner bemerkt. Das Angebot, das WM-Spiel Deutschland-Schweden auf Großleinwand live sehen zu können, wurde sehr begrüßt.

Überall im Bootshaus wurden schon bald Luftmatratzen ausgelegt und einige schliefen nach dem langen Tag schon, bevor die letzten Ruderer das Bootshaus erreichten.

Sabine aus dem gesteuerten Dreier erzählt: Die literarisch wertvollen, dezent ironischen und vor allem liebevoll umsorgenden Vorbereitungsmails von – wd – hatten schon wochenlang jede Menge Erwartung geweckt und Aufregung genommen – da bedachte einer wirklich alles, bis hin zu extravaganten Sonderwünschen (Cola Zero, Big Blades mit Gummigriffen? etc. etc.)!

Freitags ging es per Zug nach Karlsruhe – mit einem dem Anlass entsprechenden aufregenden Hindernislauf in Form von geheimnisvoll verschlüsselten Warninfos zu unserer Zugverbindung seitens der DB vormittags und einem bei unserer Ankunft von der Polizei gesperrten Mainzer Hbf nachmittags… Zum Glück fand Jürgen das Schlupfloch auf‘s Gleis über die Alicenbrücke, zum Glück hatte Dave ein die Stimmung hebendes Bierchen mitgebracht, zum Glück fuhr der Zug trotz der Umleitung durch, zum Glück fanden wir in Karlsruhe sofort unser Shuttle, das uns zur Alemannia Karlsruhe brachte. Zum Glück gab‘s da die letzten Sonnenstrahlen, Feines vom Grill und dem Salatbuffet, dazu ganz außerordentliche, alles relativierende Erzählungen eines Einerfahrers(!) von seiner Jahresleistung (15-18.000 Km) und seinem Mondpreis (wie weit ist nochmal der Mond von der Erde entfernt??) und auch erste Möglichkeiten, mit den morgigen Bootsgenossen Kontakt aufzunehmen. Das waren für uns zwei freundliche Wikinger namens Hannes (Jo-) und Hannes (Zwo).

Bei der Alemannia wie beim Wiking Karlsruhe gab‘s samstags um halb 5 Frühstück, Stullenbuffet und Versorgungsboxen. Und dann ging‘s los – für 10 Boote vor uns, die ab 5.20 Uhr durchs Hafenbecken dem Rhein zustrebten. Unseres lag in der Halle ganz hinten: ein gesteuerter Dreier mit dem assoziationsreichen Namen „Taitänic“. Gegen 6 Uhr hatten auch wir endlich den Transportweg erreicht. Der Steuer-Hannes, EnBW-Mitarbeiter, erläuterte uns die energetischen Institutionen des Karlsruher Hafens; der Bug-Hannes meldete nach einigen Kilometern Druck an, den er über Steuerbord loswurde – eine echte Balanceprobe: Taitänic…

Das Wasser braust leise und mit hohem Ton auf dieser Strecke: Der Sand ist hinter dem Iffezheimer Wehr gut in Bewegung. Das waren wir in der Strömung auch. Die Hafeneinfahrt Speyer geriet etwas schnittig, aber die Steine waren rund und unser Boot prima – Taitänic…

Weitere kurze Halte in Mannheim und Worms; wir konnten immer noch gut gehen und regenerierten uns mit diesen kleinen Pausen und dem abwechselnden Steuern überraschend schnell. Die Mannschaft passte zusammen, in jeder der durchwechselnden Besetzungen; es gab keine Solisten, sondern einfach einen gemeinsamen, guten Lauf und vergnügte Stimmung. Zum Beispiel nach einer erfrischenden Welle, die der Steuermann frontal angegangen hatte und mit der das Thema Baden erledigt war – Taitänic…

Auch an frischem Wind fehlte es nicht; der kam nur leider aus der falschen Richtung, sodass wir lieber auf einer hübschen Sandbank bei Kilometer 458 an Land gingen. Hannes (Jo-) bot leckere Gummibärchen an, und Hannes (Zwo), schon behaglich an einem Baumstamm gelagert, öffnete eine prall gefüllte Box: „Mag einer Diclofenac?“ Es dauerte nicht lange und alle strackten im Sand (Obmann Dave: „Lassen wir uns jetzt abholen??“) und dösten – bis es plötzlich einen Schlag tat: Ein Frachter hatte solche Wellen produziert, dass unser gut am Ufer ausbalanciertes Boot umgefallen war – Taitänic…

Also gut, Siesta vorbei, nächste Etappe. Die wurde für die drei Mannen richtig hart zu rudern, denn der Wind hatte ordentlich aufgefrischt. Auf dem Rhein waren Schaumkrönchen und am Ufer immer wieder pausierende Boote zu sehen; die Wetterlage machte allen zu schaffen. Auch das Steuern war ein eher verfrorenes Vergnügen.

Am Strandbad Oppenheim schien die Sonne, als wir mit den Pappbechern auf der Wiese saßen und das gute Magnesium-Öl auf beanspruchte Partien auftrugen, und was zeigte Vater Rhein beim Weiterfahren? Wolken, Wellen, Wind.

Die Blasen an den Händen hatten schon Format angenommen; es war die Rede von einem dicken Handgelenk und Hornhaut über dem Sitzkissen, aber irgendwann reichte es Dave und er forderte Zulage – zurecht angesichts der fortgeschrittenen Zeit, denn das Johannisfest am Mainzer Ufer war zwar hell erleuchtet, der Himmel eher weniger. Dafür lag der Steg der MRG schön frei – fast, denn da stand Sven mit den Händen in den Seiten und rief: „Der Steg ist schon geputzt und abgesperrt; Ihr könnt nach Worms zurückfahren – oder nach Karlsruhe!!“ Kein Steg für die Taitänic…

Ein paar Engel erbarmten sich und halfen das Boot hochtragen, und der 1. Vorsitzende hatte genug Chili auch für uns gekocht.

Und falls wir ein paar Kilometer aberkannt bekommen, weil‘s 12 Minuten nach Sonnenuntergang war, dann bitte rundet gleich auf 140 ab – das ist bequemer zu rechnen und ohnehin zweitrangig. Der Tag war einfach klasse!

Text: Sabine Möhrle, Jürgen Werner / Fotos: Sabine Köhler, Anne Werner, David Endler